Öffnungszeiten

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Eintritt frei!

Blick In die Ausstellung

In The Shadows

Bilder der neuen Pop-Romantik

09/05–29/06/2008

Künstler*innen

  • Iris van Dongen
  • Helen Cho
  • Hadassah Emmerich
  • E.S. Mayorga
  • Corin Sworn
  • Claudia Wieser
  • Adriana Molder

Kuratiert von Justin Hoffmann

In the Shadows zeigt Werke der neuen Pop-Romantik. Der Titel ist eine bewusste Anlehnung an den gleichnamigen Hit der finnischen Band The Rasmus. Der Begriff der Pop-Romantik irritiert, scheinen doch Popkultur und Romantik gegensätzliche Einstellungen gegenüber der Welt zu verkörpern. Die Ausstellung jedoch unterstreicht, dass aktuelle Werke genau diese Verbindung herstellen und dabei neue Ausdrucksmöglichkeiten erproben.

Gewöhnlich haftet der Romantik die Idee des Subjektiven an, die häufig als Innerlichkeit beschrieben wird. Und wenn sie gleichsam als Bewegung in Erscheinung tritt, dann repräsentiert sie noch mehr: eine nahezu religiöse Haltung. Sie visualisiert in der Regel jedoch keine Glaubensvorstellungen der großen Kirchen sondern irrationale Fantasien, die nicht selten mystisch, psychedelisch oder esoterisch anmuten. Realistische und spirituelle Momente fließen ineinander. In der Romantik war es die Suche nach der blauen Blume, wie die melancholische, sehnsuchtsvolle Stimmung am Beginn der Moderne metaphorisch umschrieben wurde. Bei den Nazarenern war es der Wunsch nach Bruder- und Schwesternschaft im Geiste des frühen Christentums, die in der täglichen Praxis jedoch mehr an das Zusammenleben von Lebensreformern und Hippies erinnerte. Im Jugendstil repräsentierte der Drang nach gewundenen, vegetabilen Strukturen und geheimnisvollen Formfindungen die Alternative zu Industrialisierung und Rationalisierung. In der psychedelischen Kunst der 60er und 70er Jahre war es die Abkehr von der modernen Nachkriegsgesellschaft verbunden mit neuen Drogen und Landflucht, mit der man sich dem Primat von Technik und Wirtschaft entziehen wollte. Alle diese Gegenbewegungen oder Fluchtlinien artikulieren trotz der expliziten Subjektivität eine Opposition zu dem als Norm behaupteten Ordnungssystem. Die Schwärmerei der Zeichner und die Lust an verspielten Ornamenten geben letztlich eine Sehnsucht nach dem Anderen wieder.

Doch, welchem Begehren, welchem Glauben hängen die Popromantiker an. Von einem Glauben im engeren Sinn zu sprechen, erscheint bei diesen Künstlern heute natürlich als zu simpel. Denn ihre symbolreiche Bildsprache hat bereits die Maschinerie der Popkultur durchlaufen. Vieles, wenn wir die Arbeiten von „In the Shadows“ betrachten, erinnert uns zwar an Werke aus der Geschichte der Kunst aber noch viel mehr an Plattencover, Poster oder Comics. Die gewählten Ausdrucksformen sind bzw. waren bereits Teil der Jugendkultur und lassen sich nicht so einfach in die Welt der Hochkultur zurückholen. Ihre Pop-Nähe ist ein Vorzug, der diese Werke von dem Ernst und der Affektiertheit mancher derzeit marktkompatiblen Ölgemälde unterscheidet. Denn wenn man die finsteren Gesellen und verführerische Hexen dieser Zeichnungen sieht, dann denkt man nicht zuerst an den Symbolismus vor hundert Jahren, nicht an Aubrey Beardsley oder Adolf Kubin, sondern an populäre TV-Serien wie Buffy oder Charmed. Sieht man ihre ornamentalen, plakativen Strukturen, ihre extremen Verschnörkelungen, fallen einem Folk-Rock-Bands der 70er Jahre von Fairport Convention bis zur Incredible String Band ein, die sich gleichermaßen der irischer Buchmalerei und der Plakatkunst des Jugendstils bedienten. Entdeckt man okkulte Zeichen und gespenstische Gestalten, denkt man an Metal Bands wie Iron Maiden und ihre Semiotik oder an die weit verbreiteten Bilderfindungen der aktuellen Gothik-Kultur. Sieht man elegische, melancholische Schönheiten, erinnert man sich an die opulenten Bildentwürfe der Phantasy-Presse. Im Unterschied jedoch zu jenen popkulturellen, esoterischen Bildern ist das besondere an den Kunstwerken von „In the Shadows“, dass nicht ihre mystisch-schweren Inhalte sondern die bildnerischen Mittel im Vordergrund stehen, das Faszinosum bilden. Diese Arbeiten haben ihren Weg aus der Kitsch-Falle pubertärer Visionen gefunden und konnten zu originären Darstellungsformen avancieren. Sie wirken ausgereift, raffiniert und gerade durch ihren Weg, der sie durch die dunklen Seiten der Popkultur führte, attraktiv.

In einem Konzert und einer Diskussion soll die Auseinandersetzung mit der neuen Pop-Romantik auf einer diskursiven und musikalischen fortgesetzt und ausgeweitet werden.