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Endlich relevant!

Mit der Corona-Pandemie ist eine neue Debatte über den Stellenwert von Kunst und Kultur in unserer Gesellschaft entstanden. Kann Kunst auch in Krisenzeiten als systemrelevant gelten? Diese Frage wurde von vielen Seiten heftig debattiert, obgleich sie von den Personen aus dem Bereich von Kunst und Kultur meist mit einem klaren Ja beantwortet wurde. Dabei ist das Verhältnis von Gesellschaft und Kunst komplex. In unserem Jahresprogramm 2022 wollen wir die Frage der Relevanz näher beleuchten. Die Diskussion über Systemrelevanz nehmen wir zum Anlass, um Begriffe aus diesem Diskurs im Kontext der Pandemie aufzugreifen und neu zu interpretieren – zum Beispiel, um auf spielerische Weise den Symptomen für eine mögliche Relevanz der Kunst in der Gesellschaft nachzugehen und die Mannigfaltigkeit von Kunst heute aufzuzeigen.

Eine Besonderheit der Kunst begründet sich in der Tatsache, dass ihre Wichtigkeit gerade darin liegt, dass sie keine unmittelbare Funktion in unserem gesellschaftlichen System besitzt. Die Kunst dient nicht zu diesem oder jenen Zweck. Eine Instrumentalisierung wird stets von sich gewiesen. Der Bereich der Kultur besitzt eine gewisse Autonomie und fungiert als Korrelat zum existierenden sozialen System. Der deutsche Philosoph Theodor W. Adorno beschreibt in seinem Band „Ästhetische Theorie“ Kunst als die „gesellschaftliche Antithesis zur Gesellschaft“ [ Theodor W. Adorno: Gesammelte Schriften. Band 7: Ästhetische Theorie. 6. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1996, S. 19. ] Der nichtdiskursive Wahrheitsgehalt der Kunst bei gleichzeitigem Rätselcharakter mache eine besondere Form der Rezeption und Einschätzung nötig, so Adorno. Demnach könnte es nur eine Relevanz mit einer gewisser Distanz zum Gesellschaftssystem geben. Dem Begriff der Systemrelevanz, der in der Pandemie ein besonderes Gewicht erhielt, weichen wir bewusst aus. Einerseits, weil unklar ist, wer welches System eigentlich meint und ob man sich überhaupt damit identifiziert, andererseits, weil wir keinesfalls systemrelevante Kunst fordern – der Kulturtheoretiker Georg Seeßlen beispielsweise findet eine systemrelevante Kunst gleichsam paradox, da damit die kritische Distanz zu sozialen Verhältnisse verschwinden würde.

So zeichnet das Programm 2022 ein experimenteller, manchmal sogar ironischer Umgang mit dem Anspruch auf Relevanz der Kunst aus. Es gibt eine Vielzahl Begriffe, die in Zeiten der Corona-Pandemie häufig im Zusammenhang mit Systemrelevanz kursieren: FORSCHUNG, DIAGNOSE, GAMECHANGER und PROGNOSTIK sind diejenigen, die wir in modifizierter Form im Ausstellungsprogramm 2022 aufgreifen. So ist ein möglicher Ausgangspunkt für den Kunstpreis arti und sein diesjähriges Wettbewerbsthema sichtbar machen in der Diagnostik finden. Weitere Ausstellungsprojekte sind die Gruppenpräsentation Kunst forscht, eine Einzelausstellung von Tamiko Thiel mit Augmented Reality-, KI-, VR-Arbeiten sowie Voraussehen, mit der wir das Jahresprogramm abschließen werden.